Am 26. April 1986 kam es in der Ukraine zum Super-GAU: durch
schwere Verstöße gegen die Sicherheitsbedingungen kam es im Atomkraftwerk von
Tschernobyl zur Explosion eines Reaktors und damit zur Freisetzung großer
Mengen radioaktiver Stoffe in die Erdatmosphäre.
Die Folgen waren verheerend. Die Gegend wurde unbewohnbar,
Angestellte und Helfer verstarben an der Strahlenkrankheit, die Zahlen an
Schilddrüsenkrebserkrankungen stieg… die Liste kann man noch lange fortsetzen.
Doch auch wenn der Schreck nach einer Weile nachließ, das Ereignis darf nicht
vergessen werden. Unsere Generation, die damals noch gar nicht auf der Welt
war, ist sich dessen wahrscheinlich am wenigsten bewusst – so ging es zumindest
mir, bis mein Vater, der Jäger ist, vor kurzem sein erstes Wildschwein
geschossen hat.
Jäger sind in Bayern gesetzlich dazu verpflichtet,
geschossene Wildschweine auf Radioaktivität untersuchen zu lassen – zu Recht,
wie mein Vater erfahren durfte. Der gemessene Wert seiner Beute betrug über
5000 Becquerel pro Kilogramm Fleisch. Der zugelassene Grenzwert für
Lebensmittel beträgt 500 Becquerel, die Belastung „unseres“ Wildschweins war
also um das zehnfache höher.
Wieso aber sind Wildschweine (gerade in Bayern) so verstrahlt?
Auch wenn weit über tausendfünfhundert Kilometer zwischen Tschernobyl und
München liegen, der radioaktive Niederschlag ergoss sich auch über Deutschland,
durch die Wetterlage insbesondere im Süden. Dadurch wurden die Böden durch radioaktives
Cäsium (137Cs) verseucht. Dieses hat eine Halbwertszeit von 30
Jahren, was bedeutet, dass seit der Katastrophe die Hälfte des Cäsiums
zerfallen ist – in weiteren 30 Jahren werden immer noch 25% vorhanden sein.
Durch die Bodenbelastung gelangt das strahlende Material in Waldbeeren und
Pilze, und über die Pilze als Nahrung in den Körper der Wildschweine. Kein
seltener Vorgang, wie man vielleicht annehmen könnte – etwa die Hälfte der in Bayern geschossenen
Wildschweine überschreiten den Grenzwert und sind damit ein Fall für die
Tierkörperbeseitigung.
Auch beim Verzehr gewisser Waldpilze ist Vorsicht angesagt – besonders selbst gesammelte Maronen-Röhrlinge und Semmelstoppelpilze sind belastet, da diese das radioaktive Cäsium gut speichern.
Auch beim Verzehr gewisser Waldpilze ist Vorsicht angesagt – besonders selbst gesammelte Maronen-Röhrlinge und Semmelstoppelpilze sind belastet, da diese das radioaktive Cäsium gut speichern.
Natürlich stellen diese Belastungen von Wildfleisch und
Pilzen keine akute Bedrohung für unsere Gesundheit dar, zumal Lebensmittel hier
strengen Kontrollen unterliegen. Dennoch zeigt die Tatsache, dass eine starke
Belastung vorliegt, was für langwierige, weitreichende und noch dazu unsichtbare
Folgen das Unglück hatte und noch hat. Diese sind noch lange nicht
ausgestanden, gesundheitliche Spätfolgen sind wahrscheinlich, aber schwer
abzuschätzen.
Am 26. April dieses Jahr also „feiern“ wir 30 Jahre
Tschernobyl und können mit Sicherheit sagen: auf viele weitere Jahrzehnte.
Wow, danke, interessant!
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