Man ist krank, hat aber keine Zeit stundenlang in der Arztpraxis zu warten.
Mit einem Termin beträgt die Wartezeit immer mindestens eine halbe Stunde, ohne
einen werden es ruhig zwei oder sogar mehr. Außerdem ist der nächste freie Termin oft erst in einer Woche beim Hausarzt und Wochen bis Monate später beim
Facharzt.
Das könnte bald in der Vergangenheit bleiben. Medizinische Dienste auf
Distanz (Telemedizin) entwickeln sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit und
medizinische Geräte für den häuslichen Gebrauch werden erlauben, viele
wesentlichen Tests zuhause durchzuführen. Diagnostische Tests sind ein Millionen-Dollar-Geschäft. Immer mehr Hausärzte im Westen führen bezahlte
online-Beratungen von Patienten durch. Auf diese Weise verlieren beide, Arzt und Patient,
weniger Zeit, tauschen keine Keime aus und die Arbeit ist erledigt. Es
existiert sogar ein Otoskop (ein Gerät zur Ohruntersuchung), das an der
iPhone-Kamera befestigt wird und ein Video vom Ohr aufnimmt. Dieses wird dem
Arzt geschickt, der ein Diagnose stellt und eine Therapie verschreibt. Von einer
solchen „Untersuchung“ profitieren nicht nur Menschen, die wenig Zeit haben,
sondern auch Familien, die in verlegenen Orten wohnen und einen erschwerten
Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Ohrentzündungen sind nur ein Teil der
Krankheiten, die man zuhause diagnostizieren kann, weil sie leicht zu sehen
sind. Der Hersteller des innovativen Video-Otoskops haben vor, an weiteren gesundheitlichen Problemen zu
arbeiten, die man von außen erkennen kann: Insektenstiche, Hautausschläge,
Augenentzündungen. Das Prinzip bleibt das Gleiche – man nimmt ein Video auf und
schickt es durch das Programm des Unternehmens den teilnehmenden Ärzten.
Zurzeit wird es im Rahmen eines Wettbewerbs an einem Gerät gearbeitet, das
16 Krankheitszustände erkennen soll: u.a. Blutarmut, Diabetes, Hepatitis A,
Lungenentzündung, Schlaganfall, Tuberkulose, ebenso soll es Blutdruck,
Herzfrequenz, Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung und Atemfrequenz messen.
Die medizinischen Dienste im Internet sind sicherlich sehr bequem, man
sollte sie aber kritisch diskutieren und Vor- und Nachteile abwiegen. Die
Telemedizin wird sich sicherlich weiterentwickeln, ich bezweifle aber, dass sie
den Arztbesuch obsolet machen wird, wie manche Menschen behaupten. Jeder Mediziner weiß wie wichtig das
persönliche Gespräch mit dem Patienten und die körperliche Untersuchung mit den
eigenen Händen ist. Zudem muss man wissen, dass ein Großteil der Patienten in der
Hausarztpraxis psychische und soziale Probleme haben, die ihren Zustand erschweren oder sogar der Krankheitsgrund sind.
Diese kann man nur unter zwei Augen ansprechen
und therapeutisch angehen.
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