Was sich am Abend des 1. Februar in Iowa zutrug war ein
wahrer politischer Krimi. Ein überraschendes Ende fand die Vorwahl bei den Republikanern
und bei den Demokraten blieb es bis zum Ende spannend. Spitzenkandidat Donald
Trump konnte die hohen Erwartungen nicht erfüllen und musste sich mit dem
zweiten Platz zufrieden geben. Das Rennen machte der christlich-konservative
Texas Senator Ted Cruz. Ein weiterer „Sieger“ fand sich überraschend in Marco
Rubio. Der Senator aus Florida war zwar schon lange Zeit auf dem dritten Platz
in den Umfragen, doch könnte er am Abend der Abstimmung einen unerwartet hohen
Anteil der Wähler für sich gewinnen, sodass zwischen Trump und ihm am Ende nur
ein Prozentpunkt lag. Bei den Demokraten führte Hillary Clinton zu Beginn der
Wahl mit etwa sechs Prozentpunkten. Doch im Laufe des Abends kletterte ihr
Mittstreiter um die demokratische Nominierung Bernie Sanders langsam aber
beständig, sodass die Wahl mit letztendlich mit einem Unterschied von nur 0,3
Prozentpunkten zugunsten der ehemaligen US-Außenministerin ausging, was de facto ein
Unentschieden darstellt.
Die Iowa Caucuses unterscheiden sich durch die Art der Wahl
von einem üblichen Primary. Bei den Caucuses, die neben Iowa auch noch in
einigen anderen Staaten stattfinden, wird nicht wie üblich in einer geheimen
Abstimmung mit Wahlzettel in einer Wahlzelle abgestimmt, sondern die Wahl
erfolgt durch die Zusammenkunft der Wähler in Wahlgemeinschaften (Caucus
genannt). Die genaue Regelung hängt vom Staat und der Partei ab. In Iowa wählen
die Republikaner z.B. trotzdem mit einem Wahlzettel. Aber hier können die
Anwesenden die anderen versuchen durch Reden umzustimmen. Bei den Demokraten
teilen sich die Anwesenden in Gruppen auf. Die Wahl ist also nicht geheim. Der
Vorsitzende des Wahlbezirks bestimmt, ob die einzelnen Gruppen existenzfähig
sind. Dafür sind mindestens 15 Prozent der Anwesenden erforderlich. Martin O’Malley
wurde dies in mehreren Wahlbezirken zum Verhängnis. Hat eine Gruppe weniger als
15 Prozent, können die Beteiligten versuchen, Leute aus anderen Gruppen
abzuwerben, sich selbst einer anderen Gruppe anschließen oder unentschlossen
bleiben. Durch dieses System haben Kandidaten mit starkem „grass-roots support“
mit einer besonders vokalen Anhängerschaft den Vorteil, dass ihre Anhänger
potenziell Anhänger der anderen Kandidaten zum Überlaufen überreden können.
Dieses sehr alte System ist natürlich fehleranfälliger als
eine Direktwahl. Eine Nachzählung ist zum Beispiel nicht möglich, da die ganze
Wahl wiederholt werden müsste. Auch in dieser Wahl gab es Berichte von Ungereimtheiten.
In einigen Wahlbezirken etwa war das Rennen zwischen den Demokraten so eng,
dass einige Delegierte per Münzwurf zugewiesen wurden. Hillary Clinton hat
angeblich sechs solcher Münzwurfe gewonnen.
Eine weitere Konsequenz der Iowa Caucuses ist, dass das
überladene Feld der Kandidaten nun langsam ausgedünnt wird. Noch bevor die Wahl
zu Ende war verabschiedeten sich der demokratische Präsidentschaftsanwärter
Marin O’Malley und Republikaner Mike Huckabee. Und am 3. Februar gab Senator
Rand Paul das Ende seiner Kampagne bekannt.
Sieger der Republikaner Texas-Senator Ted Cruz |
Was ist also das Resümee aus der ersten Vorwahl im Rennen um
die Nominierung? Die unerwartet schlechte Performance von Trump kann wohl auf
ein Mangel an Organisation zurückgeführt werden. Gerade beim Caucus-System
macht eine große Anzahl von Mitarbeitern vor Ort, die Leute zum Wählen
animieren, Transporte zu Wahlveranstaltungen organisieren, et cetera einen
großen Unterschied. Und genau in dieser Kategorie ist Cruz exzellent
aufgestellt. Der riskante Schachzug Trumps die letzten Debatte vor den Caucuses aufgrund seiner Fehde mit Fox News Moderatorin Megyn Kelly zu boykottieren, könnte zusätzlich für seine Niederlage mitverantwortlich sein. Ein Vorteil für Cruz ist, dass die republikanische
Wählerschaft in Iowa zu einem großen Teil aus konservativen und evangelikalen
Christen besteht, bei denen Trump noch nie die Nase vorne hatte. So gewannen in
den letzten beiden Präsidentschaftswahlen Mike Huckabee und Rick Santorum die
Iowa Caucuses. Beide hatten jedoch keine ernstzunehmende Chance auf die
Nominierung oder gar die Präsidentschaft. Blüht dieses Schicksal nun auch Ted
Cruz? Das Bleibt abzuwarten. Er unterscheidet sich jedoch von seinen beiden „Vorgängern“
dadurch, dass er sich nicht nur als christlicher-konservativ platziert, sondern
sich auch als Anti-Establishment Kandidat (wie Trump) darstellt und weiterhin
in seiner Rolle innerhalb der Tea-Party an die erzkonservative Basis der
republikanischen Partei appellieren kann. Was Marc Rubio angeht, wird sich
zeigen, ob er sich als Standartenträger der republikanischen Führungselite
durchsetzen kann. Noch muss er die „pro-establishment“ Stimmen mit etwa fünf
weiteren Kandidaten Teilen. Sobald diese jedoch das Feld verlassen haben,
könnte sich das Rennen zwischen Cruz, Rubio und Trump entscheiden.
Bei den Demokraten zeigt das Unentschieden vor allem eines:
Bernie ist ein ernstzunehmender Anwärter auf die Nominierung. Clinton zeigte
sich nach ihrem knappen Sieg sichtlich erleichtert, eine Wiederholung von 2008,
als sie gegen Barac Obama in Iowa verlor, abwenden zu können. Auch der Senator
aus Vermont zeigte sich glücklich über den Ausgang der Wahl. Nachdem er von
Medien monatelang marginalisiert wurde konnte er nun beweisen, dass seine
Kampagne Substanz hat. Schließlich waren es seine Anhänger, die am Wahlabend
die meiste Stimmung machten und ihn vor lauter Jubel nicht zu Wort kommen
ließen. Auch war er der einzige, der bei seiner Ankunft in New Hampshire um
fünf Uhr morgens von hunderten seiner Anhänger mit Jubel und Applaus empfangen
wurde.
Ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton und Vermont-Senator Bernie Sanders finden sich nach der Wahl in Iowa in einer Pattsituation. |
Die nächste Haltestelle auf dem Weg ins Oval Office ist also
New Hampshire. Das Primary in New Hampshire ist kein Caucus sondern eine
normale Direktwahl. Dadurch ist Trumps Organisationsmangel weniger bedeutend.
In den aktuellen Umfragen führt er mit 20 Prozentpunkten vor Rubio. Es wird
sich jedoch zeigen, ob diese Werte auch in einen derart eindeutigen Wahlsieg
für Trump übersetzt werden können, oder ob seine Anhänger am Wahltag vielleicht
doch einfach lieber zuhause bleiben. Auch ist es derzeit relativ ungewiss, wer als
Zweiter ins Ziel einläuft. Rubio, Cruz und Kasich liegen nur wenige
Prozentpunkte auseinander. Nach den Wahlen wird sich das Feld der Anwärter
weiter verkleinern und wird sich eine Gruppe von Kandidaten herauskristallisieren,
zwischen denen sich das Rennen entscheiden wird. Auch Bernie Sanders aus dem
Nachbarstaat Vermont hat einen soliden 20-Punkte Vorsprung vor dem Clinton
Camp. Ein Sieg für ihn scheint nach derzeitiger Datenlage fast unausweichlich. Der
Wettkampf bei den Demokraten, der nun ein Zwei-Personen-Rennen ist, bleibt also
spannend.
Super Artikel. Ein wahrlich begabter Journalist. Bitte mehr davon !
AntwortenLöschen